Bildungspolitische Aspekte einer Berufsausbildung mit Fachhochschulreife im Metallhandwerk
Prof. Klaus Jenewein

Themenblock:
Daten wurden erhoben in einem konstruktions- und produktionstechnischen
Handwerksberuf, Aussagen sind jedoch auch für die Handwerksausbildung in der
Versorgungs- und Kfz-Technik interessant

Problemhintergrund:
Vor dem Hintergrund gravierender personalwirtschaftlicher Grundprobleme, insbesondere eines großen und seit Jahren kontinuierlichen Defizits an betrieblichen Führungskräften, der damit kaum möglichen Sicherung von Unternehmensübernahmen und der schwierigen Absicherung bestehender betrieblicher Arbeitsplätze hat sich das Handwerk Aktionsprogrammen wie „Abiturienten in das Handwerk“ schon seit Jahren geöffnet. Derartige Handlungsansätze sind allerdings für das Metallhandwerk kaum wirksam, da hier kaum klassische Abiturientenberufe angeboten werden. Alternative: Qualifizierte Schulabgänger mit mittleren Bildungsabschlüssen anzusprechen und für eine handwerkliche Ausbildung dadurch zu gewinnen, dass in Verbindung mit Fachhochschulreife ein erweitertes und attraktives Bildungsangebot bereit steht.

Traditionell bestehen gegen diese Ausbildungskonzeption jedoch in den Handwerksbetrieben und ihren Verbänden gravierende Vorbehalte. Diese betreffen vor allem folgende Befürchtungen: a) Erhöhter „Drop Out“ gerade der qualifizierten Fachkräfte – dem traditionell vorbildungsschwachen Metallhandwerk werden die letzten qualifizierten Fachkräfte entzogen, da ein FHR-Bildungsgang bei qualifizierteren Auszubildenden eher zu einer handwerksexternen Berufsorientierung führt und diese im Anschluss an die Ausbildung nicht in den Betrieben verblieben, sondern studieren; b) das erweiterte Unterrichtsangebot in FHR-Bildungsgängen erhöht die Abwesenheitszeit vom betrieblichen Ausbildungsplatz und führt dazu, dass sich die Ausbildungskosten weiter erhöhen und die Ausbildungsaktivität der Betriebe letztlich weiter zurückgeht; c) der betriebliche Nutzen des Ausbildungsmodells ist unklar und nicht quantifizierbar; d) Auszubildende sollten sich eher auf den erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung konzentrieren und werden durch theoretisch überfrachtete Bildungsgänge eher überfordert, was die Leistungen in der Kenntnisprüfung und der praktischen Prüfung eher gefährden wird.

Untersuchungsansatz:
Der Beitrag bietet u. a. eine Zusammenstellung von Untersuchungsdaten zum Vergleich von einfach und doppelt qualifizierend ausgebildeten Metallfachkräften: a) Bildungsgangentwicklung im Metallhandwerk nach Einführung doppelt qualifizierender Ausbildungsangebote (Stichprobe mit etwa 300 Auszubildenden), b) Vergleichsanalyse von Indikatoren wie Ausbildungsabbruch, Fehlzeiten und Anwesenheitszeiten am betrieblichen Ausbildungsplatz, c) Prüfungsergebnisse von einfach und doppelt qualifizierenden Auszubildenden im Vergleich, d) Verbleibsanalyse von ausgebildeten Gesellen im Metallhandwerk im Zeitraum von 2-5 Jahren nach Abschluss der Ausbildung.

Ergebnisse:
Empirisch belegte Aussagen als Grundlage für die bildungspolitische Diskussion der Berufsausbildung mit Fachhochschulreife in metallhandwerklichen Ausbildungsberufen, exemplarisch dargestellt an der Bildungsgangentwicklung im Ausbildungsberuf Metallbauer/Metall­baue­rin in zwei Innungsbereichen mit ca. 230 Mitgliedsbetrieben.

Adressaten/Hinweise:
Der Beitrag richtet sich an die mit der Bildungsgangentwicklung in berufsbildenden Schulen, betrieblichen und überbetrieblichen Bildungseinrichtungen des Handwerks sowie in der Bildungsplanung im Berufsfeld Metalltechnik befassten Fachkräfte. Die empirische Basis wurde aus einem in Duisburg/Oberhausen durchgeführten Modellversuch gewonnen, über dessen didaktische Konzeption der Beitrag Kluitmann (Lern- und Arbeitsaufgaben) ebenfalls berichtet.

Klaus Jenewein,
Prof. für Fachdidaktik technischer Fachrichtungen,
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,
Tel. 0391-6716602,
klaus.jenewein@gse-w.uni-magdeburg.de