Europäischer Qualifikationsrahmen – ist das deutsche duale Berufsbildungssystem noch aufrecht zu erhalten?

Prof. Dr. Felix Rauner

Die Vereinbarung der Europäischen Bildungsminister von 2002 (Kopenhagen), einen europäischen Berufsbildungsraum zu schaffen, der die Freizügigkeit der Beschäftigten erhöht und die Berufsbildung in den Europäischen Bildungsraum integriert, nimmt mittlerweile konkrete Formen an.

Als Vorbild dient das europäische Hochschulprojekt, mit dem europaweit einheitliche Bachelor- und Master-Strukturen sowie ein gemeinsames Kreditpunkte-System eingeführt wird. Damit werden auf nationaler Ebene alle bisherigen Diplom-, Magister- und Lehramtsstudiengänge eingestellt und durch neu zu entwickelnde Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt. Nun gilt zwar für die berufliche Bildung das sogenannte Harmonisierungsverbot. Danach sollen die nationalen Bildungstraditionen der Vereinheitlichung ausdrücklich entzogen werden. Angesichts der starken Internationalisierungsprozesse in der Wirtschaft, in der technischen Entwicklung und mit der Etablierung eines europäischen Arbeitsmarktes wird die Europäisierung der beruflichen Bildung voran schreiten. Wie der zukünftige Europäische Qualifizierungsrahmen aussehen wird, ist zur Zeit noch offen. Als sicher gilt lediglich, dass ein einheitliches Kreditpunktesystem (ECVET) eingeführt wird, das anschlussfähig an das in den Hochschulen etablierte System ECTS ist und das durch die Einführung einer Modulstruktur die Transparenz zwischen den nationalen Berufsbildungssystemen herstellt. Darüber hinaus wird für die berufliche Bildung mit einem einheitlichen Qualifikationsrahmen die Architektur des Berufsbildungs-Raumes festlegt.

Das deutsche duale Berufsbildungssystem hat nur dann eine Überlebenschance, wenn es bei der Entwicklung dieses Qualifikationsrahmens gelingt, Transparenz und Vergleichbarkeit auf der Grundlage europäischer Berufsbilder bzw. unter Berücksichtigung des Prinzips der Berufsfähigkeit zu etablieren. Damit würde ein Mindestumfang für die berufliche Erstausbildung von ca. 180 Kreditpunkten entstehen.

Interpretiert man das Prinzip der Modularisierung als ein didaktisches Konzept zur Strukturierung einer zusammenhängenden Berufsbildung auf der Grundlage moderner Berufsbilder, dann könnte dies auch zu einer Reform der deutschen dualen Berufsbildung genutzt werden. Wird dagegen die Modulstruktur als Grundlage für die Etablierung eines Qualifizierungsmarktes genutzt, in dem sich der Einzelne a la Card einzelne abstrakte Qualifikationen aneignen kann, dann würde dies entwickelte Berufsbildungssysteme gefährden.

Prof. Dr. Felix Rauner
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