An der Schwelle zum Solarzeitalter - der Beitrag der  beruflichen Aus- und Weiterbildung zur Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels
Prof. Dr. Thomas Vollmer

Umweltbewusstsein und umweltgerechtes Arbeits­handeln hat eine zentrale Bedeutung für den notwendigen - und in ersten Ansätzen bereits begonnen - Wandel von der fossilen zur solaren Gesell­schaft. Schließlich gibt es kaum eine berufliche Tätigkeit, die nicht Ressour­cen verbraucht, Energien genutzt und Abfälle erzeugt. Dies betrifft mehr oder minder alle Branchen und alle Be­rufe – gerade die Beschäftigten in den metalltechnischen Berufen sind in besonderem Maße ge­fordert, Verantwortung zu tragen und durch berufliches Handeln den Wandel mitzugestalten. Momentan stellt sich die Situation allerdings zwiespältig dar, umweltfreundliche Technologien sind vorhanden, aber das Festhalten am Althergebrachten verhindert deren rasche Einführung. Wir in den sogenannten entwickelten Industrieländern – ein kleiner Teil der Weltbevölkerung – erlauben uns noch immer eine Lebensweise, die in einem – historisch betrachtet – sehr kurzen Zeitraum die in Jahrmillionen entstandenen fossilen Energieträger auf­braucht. Mit erheblichen Folgen. Der dadurch verursachte Klimawandel ist bereits im vollem Gange: Unter Klimaexperten ist dies unumstritten, wenngleich noch Unei­nigkeit über die langfristigen Klimafolgenabschätzung herrscht. Als gewiss wird angenommen, dass Umweltkatastrophen exorbitante Ausmaße anneh­men werden. Ähnlich wie die Münchner Rückversicherung geht das Deutsche Institut für Wirt­schaftsforschung von rasant zunehmenden finanziellen Belastungen durch Stürme, Überflutun­gen, Trocken­heit und andere Umweltkatastrophen aus: Für das Jahr 2050 werden bei einer glo­balen Erwärmung um 1 Grad die volkswirtschaftlichen Schä­den allein in Deutsch­land auf 137 Mrd. US-Dollar geschätzt. Das Umweltbundesamt hat aber mit Langfristszenarien einen Weg für eine Ener­giewende bis 2050 aufgezeigt, der jedoch schon in den nächsten 25 Jahren eine drasti­sche Senkung des Primärenergieverbrauchs, eine deutliche Anteilserhöhung der Regenerativen Energien und den Ausbau der Kraft-Wärmekopplung erfordert. Regenerative Energien haben schon jetzt ungeheure Wachstumspotentiale. In den letzten Jahren haben sich die Arbeitsplätze in diesem Sektor mehr als verdoppelt; weitere Steigerungen sind zu er­warten, auch durch die angelaufenen Exportinitiativen. Der Entwicklungspfad in eine nachhaltige Zukunft ist wirtschaftlich sinnvoll und ökologisch vernünftig. Er erfordert kompetente, gut qualifizierte Facharbeiter, die im Sinne der Nachhaltigkeit in der Lage sind, neue Technologien zu installieren und Prozesse zu optimieren. Die Analyse der aktuell neugeordneten Berufe zeigt, es sind diesbezüglich deutliche Verbesserungen erreicht worden, dennoch hat die Nachhaltigkeit in den Ordnungsmitteln noch immer einen viel zu geringen Stellenwert. Es besteht folglich noch erheblicher Bedarf an integ­rierter um­weltorientierter Aus- und Weiterbildung, um Auszubildenden, Mitarbeitern und Unter­nehmenslei­tungen die Notwendigkeit nachhaltigen Arbeitshandelns bewusst zu machen und ih­nen konkrete  Möglichkeiten aufzuzeigen, Ge­genwart und Zukunft mitzugestalten und damit ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft zu leisten.

Prof. Dr. Thomas Vollmer,
Hochschullehrer für Didaktik der beruflichen Fachrichtungen Elektro- und Metalltechnik
Universität Hamburg,
Institut für Berufs und Wirtschaftspädagogik
Sedanstraße 19
20146 Hamburg
vollmer@ibw.uni-hamburg.de