RALF TENBERG: Vermittlung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen in technischen Berufen. Theorie und Praxis der Technikdidaktik. Franz Steiner Verlag Stuttgart 2011, 370 Seiten, ISBN 978-3-515-09879-3, 24,- Euro

Die Neuerscheinung „Vermittlung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen – Theorie und Praxis der Technikdidaktik“ versteht Ralf Tenberg als konsequente Weiterführung seines Versuchs, eine „Didaktik lernfeldstrukturierten Unterrichts“ (2006) zu gestalten. Aller Kritik zum Trotz bewertet er die Grundideen des Lernfeldkonzeptes und deren didaktisch-methodischen Derivate als eine immense Bereicherung für das berufliche Lehren und Lernen. Die damit einhergehende Kompetenzorientierung schätzt er als sinnvoll und richtungsweisend ein. Er plädiert für die Integration von Altem und Neuem und sieht daher keinen Widerspruch, wenn er den Versuch wagt, ein „Kompetenz-Konzept“ zu entwickeln, welches eine Definition von Kompetenzen ermöglicht, „über die sie sich als Lernziele im beruflichen Unterricht umsetzen und auch überprüfen lassen“.

Im ersten Kapitel wird ausgehend von den Begriffsklärungen „Didaktik“, „Fachdidaktik“ und „Technik“ eine „Technikdidaktik“ entworfen. Innerhalb der „Technikdidaktik“ zeigt er deren Bezugsräume „Allgemeinbildung“ und „Berufliche Bildung“ auf, um sich dann auf den Bereich der Beruflichen Technikdidaktik zu begrenzen. Diese wird zentral in einem geisteswissenschaftlichen Theorie- und Forschungsraum positioniert und mit der Berufspädagogik verknüpft. Als Gegenstands- und Bezugsfelder werden die Ingenieurwissenschaften sowie die Berufs- und Arbeitswelt in Handwerk und Industrie dargestellt (S. 44). Die abschließende Definition einer Technikdidaktik „als Theorie und Praxis des Erwerbs und der Vermittlung von Kompetenzen in technischen Berufen“ (S. 45) offenbart den unterschiedlichen Umgang mit dem Kompetenzbegriff innerhalb der Disziplin.

Das zweite Kapitel expliziert die Bezugskonzepte „Beruf und Individuum“, „Kompetenzen nach dem KMK-Ansatz“ und das „Technikdidaktische Kompetenz-Konstrukt“. Aufbauend auf der Basistheorie von Erpenbeck und Rosenstiel wird hier ein Modell entwickelt, welches auf beruflich-professionelles Handeln von Facharbeitern und Handwerkern übertragen werden kann. Verwirrend erscheint zunächst, dass der vorgestellte Ansatz gleichzeitig auch noch der Prämisse einer lernzielorientierten Didaktik entsprechen soll (S. 70). „D. h., die Kompetenzen müssen einerseits so formuliert werden, dass sie als Zielkomponenten in einen beruflichen Unterricht übertragen werden können, andererseits so konkretisiert, dass sie messbar und taxierbar sind.“ (ebd.) Klärend wird hier u. a. auf Renkl und seine Vorstellungen von Wissen bei Handlungen und beim Transfer zurückgegriffen. In den fachlich-methodischen Kompetenzen sieht Tenberg den Primaten für die Planung von beruflichem Unterricht. Auf sozial-kommunikative Kompetenzen und personale Kompetenzen wird ausführlich eingegangen. Diese stehen aber nicht im Focus der Lehr-Lernplanungen seiner Technikdidaktik.

Im dritten Kapitel „Erwerb von Berufskompetenzen“ werden verschiedene Lerntheorien erläutert und deren Zusammenhang in Bezug auf den Erwerb von fachlich-methodischen Kompetenzen, sozial-kommunikativer Berufskompetenzen und personaler Berufskompetenzen konkretisiert.

Das vierte Kapitel befasst sich mit der Methodik beruflichen Unterrichts. Das Lehren und die Gestaltung der Lernumgebung haben dabei Einfluss auf eine mögliche Kompetenzentwicklung. Die Bedeutung des Feedbacks als Rückmeldung des Lernenden über seine Entwicklung wird als eine essentielle Komponente von Lehr-Lernprozessen herausgestellt.

Kapitel 5 „Unterrichtsplanung“ thematisiert die curriculare Frage des Lernfeldkonzepts und dessen Konkretisierung auf der Mikroebene „Unterricht“. Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen müssen sich mit der Transformation der Lernfelder auseinandersetzen, z. B. mit einer „anspruchsvollen kompetenzbezogenen Lernzielbestimmung“ (S. 216). Verschiedene Unterrichtskonzepte, wie die Zielorientierung, die Fachlichkeit, die Kontextualisierung, die Aktivierung oder auch die Problemlösung werden vorgestellt. Die im Weiteren beschriebenen Unterrichtskonzepte geben eine Beispiel- und Orientierungsrolle aus der Praxis wieder. Vier davon werden beispielhaft vorgestellt: „Handlungsorientierter Unterricht“, „Projektunterricht“, „Cognitive Apprenticeship“ und „Anchored Instruktion“. Die (etwas zu kurz gekommene) Perspektivenplanung (5.5) mit der Planungsstufe 1 „Kompetenzexplikation“, der Stufe 2 „zeitliche Akzentuierung“ und 3 „inhaltliche Akzentuierung“ ermöglicht eine Gesamtplanung für ein Schuljahr.

Im sechsten Kapitel „Unterrichtsvorbereitung“ wird zunächst auf die Struktur (Artikulation) von Unterricht eingegangen. Die Einführung einer Aktivitäten-Matrix unterstützt eine konkrete Unterrichtsplanung. Lernprodukte als mögliche Rückmeldungen über Lern- und Aufgabenfortschritte werden dargelegt. Weiterhin werden „Medien und Materialien“ (6.3), „Interaktionsplanung“ (6.4), „Methodische Ausgestaltung“ (6.5) und „Reflexions- und Kontrollelemente“ (6.6) als Teilbereiche der Unterrichtsplanung angeführt.

Die „Unterrichtsdurchführung“ (Kapitel 7) und die „Unterrichts-Evaluation“ (Kapitel 8) vervollständigen den Prozess des Lehrerhandelns.

Wie an einigen Stellen bereits angeklungen, muss man sich zunächst auf die von Tenberg entwickelte Kompetenzinterpretation einlassen, um das „Lehrbuch“ nachvollziehen zu können. Diejenigen, die berufliche Handlungskompetenz als die Anwendung von Erlerntem in realen beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Lebenssituationen („Outcome“) verstehen, werden Probleme mit dem Versuch haben, Kompetenzen als Lernziele zu verstehen („Output“), die darüber hinaus auch noch abprüfbar und messbar sein sollen.

Folgt man der gut begründeten Darstellung zum Kompetenzbegriff, so hat es Ralf Tenberg mit diesem Lehrbuch geschafft, eine in sich schlüssige didaktische Aufarbeitung des Lernfeldkonzeptes zu entwickeln und damit zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern an berufsbildenden Schulen eine theoretisch fundierte Grundlage für die Planung, Durchführung und Evaluation von kompetenzorientiertem Unterricht mit an die Hand zu geben.

In eigener Sache: Als ehemaliger „Berliner“ kann ich die Darstellung, dass an der TU Berlin die Fachdidaktik an den Ingenieurwissenschaften angesiedelt ist und nicht – wie tatsächlich – an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät sowie die dort beschriebenen fehlenden Forschungsaktivitäten (S. 37) schon aufgrund der Zitate von Schütte in dem vorliegenden Band so nicht stehen lassen.

Axel Grimm