Aktuelle Entwicklungen in den Berufsfeldern Elektrotechnik und Metalltechnik:
Aus- und Fortbildungsprofile in der Produktionstechnologie als Antwort auf veränderte Arbeits- und Organisationskonzepte in Unternehmen
In 2008 wurde sowohl der Produktionstechnologe als Ausbildungsberuf als auch die Fortbildungsregelung zum Prozessmanager Produktionstechnologie in Kraft gesetzt. Zur Einführung dieses Berufs hat das BIBB gemeinsam mit VDMA, DIHK, KMK und IG-Metall ein dreijähriges Projekt realisiert (vgl. dazu www.produktionstechnologe.de).
Auf
Grundlage dieser Erfahrungen wird im Beitrag zunächst der damit
verfolgte lern- und arbeitsprozessorientierte Ansatz vorgestellt. Der
weitere Schwerpunkt des Beitrags ist auf die Frage gerichtet, warum ein
innovatives Berufskonzept, das den Anforderungen moderner
Organisationsgestaltung entspricht und das gerade durch die
unmittelbare Verknüpfung von Aus- und Fortbildung die Durchlässigkeit
des Berufsbildungssystems fördert und Karrierewege eröffnet, von der
Ausbildungspraxis nur sehr verzögert aufgenommen wird.
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Einstufung der Aus- und Fortbildungsberufe in den Deutschen Qualifikationsrahmen und deren Auswirkung auf Karrierewege
Die Einstufung der Aus- und Fortbildungsprofile wird das Ergebnis eines Aushandelungsprozesses aller Bildungsakteure sein. Grundlage für die Zuordnung sind die Ergebnisse der Erprobungsphase in 2010, bei der die Eignung des DQR zu überprüft wurde. Entscheidend wird ein - noch abzustimmendes – endgültiges und damit verbindliches Verfahren sein.
Die Sozialpartner haben sich auf einen Vorschlag verständigt, wonach die Bewertung und Zuordnung von Qualifikationen die Aufgabe von zuständigen Institutionen und Organisationen in den einzelnen Bildungsbereichen sein soll. Die zuständigen Einrichtungen in den jeweiligen Bildungsbereichen sollen Qualifikationen an Hand konsensual erarbeiteter Leitlinien den einzelnen Niveaus des DQR zuordnen. Dies erfolgt auf der Grundlage der DQR-Deskriptoren.
Im Vortrag wird unter anderem erläutert, wie auf der Basis von zentralen Leitlinien der DQR Prozess bildungsbereichsübergreifend gesteuert werden kann. Ein bildungsbereichsübergreifend zusammengesetztes Gremium soll über entwickelte Standards wachen.
Die Attraktivität der Berufsbildung kann im Zusammenhang mit der Einführung des DQR nur gesichert und ausgebaut werden, wenn es gelingt, neben der Förderung der Mobilität und Transparenz auch Durchlässigkeit und Gleichwertigkeit zwischen allgemeiner, hochschulischer und beruflicher Bildung zu befördern.
Insbesondere für die berufliche Aufstiegsfortbildung muss sichergestellt werden, dass die Niveaus 6, 7 und 8 selbstverständlich auch die Domäne der Berufsbildung sind. Es gilt auch bei der Zuordnung der Berufsausbildung und der allgemeinen Hochschulreife die Augenhöhe zu wahren.
Der DQR ist wichtiger Impulsgeber für mögliche Bildungsreformen. Der Prozess der DQR - Einführung und die Auswirkungen auf das Bildungssystem müssen durch eine umfängliche Evaluation und ein Monitoring begleitet werden. Es muss geprüft werden, inwieweit rechtliche Anpassungen notwendig und sinnvoll sind, um die Umsetzung des DQR zu befördern.
Die Auswirkungen des DQR auf Karrierewege hängen auch davon ab, inwieweit es gelingt, die Validierung non formal und informell erworbener Kompetenzen ausreichend zu befördern und dafür bundesweit gültige Standards zu entwickeln.
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Hermann Nehls
Kompetenzen von Fachkräften - Ein europäischer Vergleich im Lichte der Probleme transnationaler Anerkennungen von Berufsqualifikationen
Die Situation auf dem deutschen wie aber auch europäischen Arbeitsmarkt ist gegenwärtig u. a. geprägt durch zunehmende Probleme bei der grenz- und länderübergreifenden Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen. Die vorhandene oder notwendige Mobilität und Flexibilität von Fachkräften findet daher auf dem europäischen Arbeitsmarkt immer häufiger dort ihre Grenzen und teils drastischen persönlichen Einschränkungen, wo die je im Ausland erworbenen Kompetenzen dieser Fachkräfte nicht oder nur unzureichend zu einer adäquaten Bewertung und Anerkennung führen. Und es sind zunehmend nicht mehr nur einige wenige prominente Beispiele, wenn es um den ausländischen Ingenieur als Taxifahrer, die im Ausland ausgebildete Ärztin oder Lehrerin als Putzfrau oder um den Gesellen, der im Nachbarland nur als Gehilfe beschäftigt wird, geht. Neben den damit einhergehenden Integrationsproblemen gibt es zugleich umgekehrt z.B. in Dänemark einen konkreten Fachkräftemangel oder wie in Deutschland, wo sich inzwischen ebenso ein Mangel an qualifizierten Fachkräften stärker abzeichnet, der aber eigentlich durch die im Ausland qualifizierten Fachkräfte teils gedeckt werden könnte.
Insofern wurden in den vergangenen Jahren gerade die Probleme bei der Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen auch verstärkt zum Gegenstand der Integrationspolitik wie zugleich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Und noch bereits zu Zeiten von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz wurde auf Tagungen zum Thema „Brain Waste - Anerkennung gestalten“ die unübersichtliche Vielfalt der auch berufsbildungspolitischen Zuständigkeiten sowie die oft langwierige Bewertungs- und Anerkennungspraxis als Hauptursache der Probleme thematisiert. Von daher sind als Problemlösung von der Bundesregierung seit 2009 nicht nur die so genannten „Eckpunkte zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Berufsabschlüssen“ in der Diskussion. Vielmehr liegt - und dies obwohl es seit 2005 die europäische „Richtlinie 2005/36/ EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen“ gibt - inzwischen seit Ende 2010 auch ein Arbeits- bzw. Referentenentwurf des BMBF für ein „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ („Anerkennungsgesetz“) vor. Mit diesem sollen demnächst die bisher unzureichenden Bewertungsmaßstäbe und -verfahren sowohl für die reglementierten Berufe als auch für die nicht reglementierten Berufe auf einer neuen Grundlage gesetzlich besser geregelt werden.
In diesem Kontext und mit dem Fokus auf konkrete Problemfelder bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen in Deutschland und Dänemark werden dazu im Beitrag vor allem diejenigen Kriterien und Verfahren zur Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen thematisiert, die daher auch in der Grenzregion auf dem deutsch-dänischen Arbeitsmarkt die Mobilität und Akzeptanz der Arbeitskräfte stark beeinträchtigten. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der besagten europäischen „Anerkennungs-Richtlinie 2005/36/EG“, da mit dieser entsprechende Kriterien und Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen eigentlich bereits seit 2005 vorliegen und in Europa gemeinsam zur Anwendung kommen. Die generellen transnationalen Fragen zur „Messung“ und Feststellung sowie der Bewertung und Anerkennung von beruflichen Kompetenzen der Fachkräfte erhalten somit auch hierdurch eine ganz andere Bedeutung und Brisanz, weil es nicht wie z.B. bei einem „Berufsbildungs-Pisa“ nur um ein internationales Ranking von Berufsqualifikationen geht, sondern um die grundsätzliche Öffnung und den konkreten Zugang zu einer qualifizierten Arbeit bzw. die praktische Ermöglichung der Berufsausübung.
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Prof. Dr. Willi Petersen
Ausgewählte Fragestellungen zu kulturellen und systemischen Unterschieden bezüglich Arbeitsprozess, Kompetenzentwicklung und ihrer Modellierung in ausgewählten europäischen Ländern
Vor dem Hintergrund eines gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraumes, der Mobilität von Fachkräften und der Aktivitäten von Unternehmen wird das Problem der Qualität von Ausbildung, der Zertifizierung von Kompetenzen (als im Outcome sichtbar werdende Fähigkeiten), von Kompetenzfeststellung und -vergleich immer wichtiger. Die EU möchte den europäischen Raum zum weltweit dynamischsten machen. So wurden schon früh Überlegungen angestellt, wie Kompetenzen, auch informell erworbene, europaweit beschreibbar und vergleichbar gemacht werden können. Die Schwierigkeit liegt hier in den unterschiedlichen Systemen, Systematiken und vor allem auch Zielen von Beschäftigungssystem, Bildungssystemen und (Berufs-) Bildungsmaßnahmen.
Mit der Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens und darauf bezogene (aber voneinander abweichende) nationale Qualifikationsrahmen, ist der Versuch unternommen worden, eine Vergleichbarkeit auf Grundlage von zertifizierbaren Kompetenzstufen bei Beibehaltung der Unterschiede zu ermöglichen. Im Leonardo-Projekt „euroinno“ (Eicker, Hartmann) wurde für den Bereich der Gebäudeautomation versucht, durch eine Inventarisierung der Arbeitsprozesse, der zugehörigen Kompetenzen und der dahin führenden Bildungsprozesse im europäischen Raum die Ähnlichkeiten und Differenzen zu erfassen (das Ergebnis wurde „Kompetenzfeld“ genannt) und damit eine Vergleichbarkeit herzustellen. Die Konzepte zur Einführung eines Berufsbildungs-PISA setzen an der Frage an, wie genau sich Kompetenzentwicklungsstände in der Berufsbildung (nicht nur funktional, sondern in verschiedenen Kompetenzdimensionen) erfassen lassen können. Dies ist allein für einen Kulturraum schon anspruchsvoll, wie die ausufernde Diskussion um Konzepte der Kompetenzfeststellung zeigt. Das Problem, auf was sich die Kompetenzfeststellung im Rahmen eines Berufsbildungs-PISA beziehen muss, ist noch umstritten. Es müssen m. E. folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Was hat als relevant zu gelten bei der Erfassung von Kompetenzen im europäischen Kontext? In welchem Zusammenhang (Betrieb, also Kompetenz in der Arbeit; Schule) wird gemessen? Müssen bzw. wie müssen die unterschiedlichen Berufsbildungssystemkonstruktionen (on-the-job, schulisch, dual) in der Untersuchung berücksichtigt werden? Werden die zu untersuchenden Kompetenzen europaweit in der Arbeit (Bündelung von Arbeitsinhalten, z.B. durch Berufsschneidung) verlangt, sind sie also überall in gleichem Maße relevant? Welche Kompetenzen können mit einem überschaubaren Aufwand überhaupt direkt oder indirekt gemessen werden? Welche Methoden sind einsetzbar (welche Möglichkeiten bieten z.B. schriftliche Arbeiten)? Sind die erfassbaren Kompetenzen überhaupt noch relevant? Wenn diesen Fragen als relevante Fragen verstanden werden, ist weitergehend zumindest zu fragen, in wie weit die gegenwärtig vorliegenden Konzepte auf dem Weg ihrer Beantwortung vorangeschritten sind.
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Prof. Dr. phil. habil. Martin D. Hartmann
Simon
Heinen
Übergänge von der beruflichen Erstausbildung in ein Weiterbildungssystem für Europa in der Domäne der Energieberatung
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich in Deutschland gravierende Veränderungen in der Beschäftigungsstruktur ergeben. Es vollzieht sich ein Wandel von einer Dominanz der Industrie zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Auch gewerblich-technische Berufe sind immer stärker geprägt durch eine Dienstleistungsorientierung. Die heutigen beruflichen Tätigkeiten erfordern eine hohe Dynamik und Flexibilität in den Berufen, u. a. aufgrund sich immer schneller wandelnder und komplexer werdender technologischer, organisatorischer, rechtlicher Rahmenbedingungen. Auch im Zuge der Globalisierung wechseln Arbeitnehmer sehr viel häufiger als früher die Arbeitgeber, oft auch überregional und zunehmend auch europaweit. Um erwerbs- und marktfähig zu bleiben, steigt der Bedarf, sich schnell an die neuen Arbeitsaufgaben anzupassen. Die Bedeutung lebenslangen, regelmäßigen Lernens in allen Bildungsbereichen steigt enorm. Damit einher geht die Forderung nach einem einfachen Zugang zu neuen Bildungswegen sowie nach einer europaweiten Vergleichbarkeit der Qualifizierungen.
Es gibt eine Vielzahl berufsspezifischer Weiterbildungsmöglichkeiten für gewerblich-technische Metall- und Elektroberufe, eine davon sind Weiterbildungen zum Gebäudeenergieberater, u.a. z.B. für Elektrotechniker, Installateure und Heizungsbauer, Kälteanlagenbauer, Metallbauer und Ofen- und Luftheizungsbauer. Steigende Energiepreise und neue Energiegesetze haben den Bedarf an Energieberatungsdienstleistungen in Deutschland rapide ansteigen lassen. Daher qualifizieren sich viele Facharbeiterinnen und Facharbeiter des gewerblich-technischen Bereichs zu Gebäudeenergieberatern weiter.
Die Gebäudeenergieberatung auf mittlerer Qualifikationsebene ist prototypisch für einen Wandel der beruflichen Arbeitsaufgaben in gewerblich-technischen Berufen zu einer zunehmenden Dienstleistungs- und Kundenorientierung. Die Energieberatung als neue Branche ist geprägt durch Unstrukturiertheit und Heterogenität der beruflichen Vorqualifikationen. Es existiert derzeit ein vielschichtiges, zum Teil intransparentes Angebot an Fort- und Weiterbildungen. Der Zusammenhang zwischen bestimmten Ausgangsberufen auf mittlerer Qualifikationsebene und angebotenen Fort- und Weiterbildungen im Bereich der Energieberatung ist häufig unklar.
Der Beitrag fokussiert den Übergang von einer mittleren Qualifikationsebene/ Facharbeiterausbildung in ein nach Niveaustufen differenziertes Weiterbildungssystem der Energieberatung und zeigt Gestaltungsmöglichkeiten der Qualifizierungswege auf, die eine Anknüpfung an den europäischen Qualifikationsrahmen besitzen und somit eine Vergleichbarkeit der Qualifizierungen ermöglichen.
Der Übergang wird unter dem Fokus der Aspekte Bedarfsorientierung, Kompetenz- und Outcomeorientierung, Situationsorientierung und Durchlässigkeit des nach Niveaustufen differenzierten Weiterbildungssystems betrachtet. Der Aspekt der Situationsorientierung verstanden als dominantes curriculares Prinzip, um die Inhalte eines Weiterbildungssystems zu strukturieren und auch gegebenenfalls zu modularisieren, wird vor dem Hintergrund thematisiert, die Durchlässigkeit des Weiterbildungssystems bezogen auf ein durchgängiges Strukturierungsprinzip gestalten und verbessern zu können.
Es sollen Möglichkeiten der Vernetzung von Ausgangsqualifikation auf mittlerer Qualifikationsebene und Weiterbildungssystem für die unterschiedlichen Leistungsprofile der Energieberatung aufgezeigt werden. Neben den formalen Qualifikationen sollen aber auch die tatsächlichen Kompetenzen und informell erworbene Kompetenzen berücksichtigt werden. Eine Orientierung bei einer möglichen Einstufung und Anerkennung geben die Niveaustufen und Deskriptoren des Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmens. Werden die Aufgabenkomplexe in den Handlungsfeldern nach diesen ausgestaltet, ist eine qualifikationsabhängige Einstufung möglich, die nicht ausschließlich auf Abschlüssen basiert.
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Simon Heinen
Ansätze der Kompetenzmodellierung/-messung für den Vergleich der Lernergebnisse in technischen Berufen in Europa am Beispiel des Projektes KOMET
Im Rahmen der Diskussionen um die Durchführung eines international vergleichenden „Berufsbildungs-PISA“(VET-LSA) steht die Berufspädagogik und Fachdidaktik vor großen methodischen Herausforderungen der Entwicklung von Instrumenten zur Kompetenzdiagnostik. Einen zentralen Punkt bildet das Design der Testaufgaben. In empirischen Projekten werden berufsspezifische Komptenzen sowohl mit computerbasierten Simulationen realer Arbeitsproben, als auch mit Paper-and-Pencil-Testaufgaben (als Nachbildung autentischer Arbeitssituationen) erfasst.
Im Beitrag auf den Hochschultagen 2011 wird aus empirischen Vorhaben zur Messung berufsfachlicher Kompetenzen von angehenden „Elektricians“ berichtet. Seit 2008 führen in Deutschland die Bundesländer Hessen und Bremen einen Schulmodellversuch durch, in dem einerseits die Kompetenzentwicklung von Auszubildenden gemessen wird, andererseits gleichrangig an der Instrumentenentwicklung zur Kompetenzdiagnostik gearbeitet wird. Durch den Transfer des entwickelten Instrumentariums (Kompetenzmodell, Testaufgaben, Auswertungsroutine) nach Peking, kann mitlerweile auf eine Datenbasis von 1200 Probanden zurückgeblickt werden, mit denen die berufsfachliche Kompetenzmessung durchgeführt wurde.
Im
Zentrum des Beitrags steht das Testaufgabenkonzept und das Rating der
gestaltungsoffenen Testaufgaben. Durch Erfahrungen mit dem Instrument
in China kann auch auf praktische internationale Erfahrungen verwiesen
werden, deren Erkenntnisse auch hilfreich für einen möglichen Einsatz
in Europa sein können.
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Prof. Dr. Bernd Haasler
Reinhold Nickolaus, Universität Stuttgart
Ansätze der Kompetenzmodellierung und -messung für internationale Vergleiche von Lernergebnissen in technischen Berufen
Im Kontext verschiedener Arbeiten zur Vorbereitung eines Large-Scale Assessments in der beruflichen Bildung (VET-LSA bzw. Berufsbildungs- PISA) gehen wir in unserem Beitrag der Frage nach, wie die Fachkompetenz in ausgewählten technischen Berufen valide erfasst werden kann. Im Mittelpunkt stehen dabei einerseits Forschungsergebnisse zur Kompetenzstruktur, d.h., zur Frage, welche Subdimensionen fachlicher Kompetenz empirisch unterscheidbar sind und zweitens die Frage, wie valide computerbasierte Simulationen realer Arbeitsproben zur Kompetenzmessung sind. Dabei zeigen wir, was bei einer inhaltstreuen Überführung beruflicher Realität in computersimulierte Umwelten genau passiert, d.h. wie sich die Anforderungen und damit die Schätztreue von Kompetenzen ändern. Entwickelt wurden solche Simulationen inzwischen für verschiedene Berufe (Kfz-Mechatroniker, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, Fachinformatiker), für andere Berufe befinden sich solche Simulationen in der Entwicklung (z.B. Mechatroniker). Am Beispiel des Kfz-Mechatronikers wird gezeigt, wie solche Simulationen zur Fehleranalyse authentisch gestaltet werden können. Beim Testvergleich zwischen den simulierten Arbeitsaufgaben und den identischen realen Varianten zeigen sich nur geringe Testmoduseffekte zwischen den beiden Darbietungsformen. Mit diesen Erkenntnissen empfehlen sich computerbasierte Messverfahren zur validen Erfassung zentraler Kompetenzaspekte.
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Prof. Dr. Reinhold Nickolaus
Fachkräftemangel und zur Rolle des öffentlichen Schulwesens aus der Perspektive der Wirtschaft
Die Förderung von Fachkräften stellt aus der Perspektive der Wirtschaft einen zentralen Aspekt für die Zukunftsfähigkeit des deutschen Arbeitsmarktes dar. Angesichts des bereits bestehenden und vielfach angemahnten Fachkräftemangels stellt sich die dringende Frage, welchen Beitrag das allgemeinbildende und das berufliche Schulsystem derzeit leisten und leisten könnten, um zur Zukunftsfähigkeit des Arbeitsmarktes wirkungsvoll beizutragen. Der Beitrag wird diese Frage aus der Perspektive der Kammern in den Blick nehmen und ein kritisches Bild auf die Rolle der Schulen werfen.
(Vortrag zum beruflichen Übergangssystem/BVJ:
http://www.ibbw.de/Dokumente/Podcast/Tagungen/BVD/Schlieck.mp3)
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Harald Schlieck
Technische Kommunikation in der Metalltechnik als Vorbereitung für die Berufswahl
In den Übergangsprozessen vom allgemeinbildenden Schulsystem zur beruflichen Erstausbildung kann die Technische Kommunikation [TK] als Fachsprache und als Orientierungswissen eine übergreifende Rolle spielen. Im Focus meines Beitrages steht die Überlegung, in allen Schulsystemen das herkömmliche Techn. Zeichnen durch die TK zu ersetzen und aktuellen Entwicklungen anzupassen . Zeichnungslesen spielt in fast allen technischen Berufen eine Rolle und läßt sich nach vorliegenden Erfahrungen bis zur vollständigen Lernhandlung u. a. in Verbindung mit überschaubaren Montageaufgaben realisieren. Das kann schon vor dem Einstieg in eine Berufsausbildung genutzt werden, um Entscheidungsprozesse für die Berufswahl erleichtern. Durch Integration von sprachlicher, fach. sprachlicher und grafischer Kommunikation ist es nach Erkenntnissen der aktuellen Hirnforschung möglich, das Zeichnungslesen auch an komplexen Zeichnungen in den 9. und 10. Klassen einzuführen. Bei gleichzeitiger Vermittlung von räumlichem Vorstellungsvermögen, Funktionsverständnis und techno Basiswissen läßt sich durch optimale Vernetzung der Denkakte die Unterrichtsqualiät steigern.
Das Lernen im Zusammenhang und das Lernen von Zusammenhängen über die Fachsprache ist durch die vorzustellende Konzeption bei der Suche nach einem Ausbildungsberuf nicht nur informierend sondern auch motivierend. So können eine individuelle Förderung der Schüler wie auch der künftige Fachkräftebedarf berücksichtigt werden. Lernprozesse lassen sich über die TK verbessern, wenn elementare Zusammenhänge in Systemen oder Prozessen erarbeitet werden. Der Weg geht vom Problem zum System; dabei gilt: Mehr Denken, mehr Sprechen, weniger Zeichnen.
Aus der motivierenden, aber zwangsläufig höheren Komplexität ergeben sich besondere didaktische Anforderungen, die über Impulse aus der Hirnforschung lösbar sind: Mit Neuen Aufgabentypen können vor allem die bisher vernachlässigten Areale des Sehzentrums berücksichtigt werden, bspw. durch Mehrfachkodierung und durch den Einsatz von Farben in technischen Zeichnungen, sodass sich techno Systeme oder Prozesse verständlicher, vereinfacht und motivierend vermitteln lassen. Nach vorliegenden Erfahrungen hat sich die Verbindung von sprachlichen und bildhaften Darstellungen auch bei Schülern mit Migranten-Hintergrund gut bewährt. Ergebnisse der Hirnforschung legen es auch nahe, auf traditionelle Belehrungsrituale zu verzichten und Lernprozesse vermehrt über viele gute Beispiele zu ermöglichen; das wird an unseren Zeichnungen vom Zylinderschloss oder von einem Kolbenkompressor und weiteren interessanten Beispielen veranschaulicht.
Das didaktische Konzept zur TK ist inzwischen auch im Ausland "angekommen". Was seit Jahren in einigen Ländern in Ostasien und Südafrika verwendet wird, könnte sich auch hierzulande bewähren..
• Für interessierte Kollegen steht ein Thesenpapier zur Verfügung
• Ein AG -Poster zeigt Technische Zeichnungen und didaktische Strukturen der TK
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Heinz Dieckmann
Allgemeine und berufliche Übergänge am Beispiel Berufsgrundschuljahr Fahrzeugtechnik
Fachkräftemangel in Betrieben – andererseits suchen viele Jugendliche mit Förderbedarf eine Ausbildungsstelle. Es werden Ansätze des NAOB dargestellt beide Seiten zusammen zu bringen:
• … Berufsorientierung in der Sek I – das NAOB unterstützt Berufsorientierungsmaßnahmen in der 8. Klasse der Montessori Hauptschule, Ferdinandstraße in Köln durch eine Zweiradtechnik AG;
• … das NAOB informiert und berät auf Berufsinformationsveranstaltungen der Arbeitsagentur sowie an Schulen der Sek I. Information und Beratung von SchülerInnen, BerufseinstiegsbegleiterInnen und LehrerInnen am NAOB;
• … im Berufsgrundschuljahr Fahrzeugtechnik als Schnittstelle zwischen Schule und Berufsausbildung in fahrzeugtechnischen Berufen finden gezielte Fördermaßnahmen statt. Praktika und Ausbildungsstellen werden mit Hilfe der Arbeitsagentur, der HWK, der IHK und von Lehrern am Berufskolleg vermittelt;
• … weitere Unterstützung im Dualen Berufsausbildungssystem;
• … Weiterbildung im Beruf – Notebookklassen in der Fachschule für Technik.
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Joachim Reuber
Übergangssysteme in neuen beruflichen Sektoren am Beispiel des Secondhandsektors
Im Fokus des Vortrags stehen der noch relativ unerforschte und von der Beruflichen Bildung nur randständig berücksichtigte Second-Hand-Sektor und dessen Potenzial für neue berufliche Beschäftigungsfelder im Übergangssystem vom 2. Arbeitsmarkt in den 1. Arbeitsmarkt.
Mit weit mehr als 6.000 Unternehmen (nach second hand vernetzt e.V.) sowie zahlreichen Beschäftigungsunternehmen und Non-profit-Unternehmen bietet der Sektor mit seinen sektorspezifischen Arbeitsprozessen ein neues, relativ breit gestreutes Beschäftigungsfeld in Deutschland. Bisher wird der Sektor vorwiegend als Beschäftigungsfeld für die Zielgruppe der am Arbeitsmarkt Benachteiligten genutzt. Neue EU-Richtlinien hinsichtlich der Wiederverwertung von Waren sowie ein verändertes, umweltbewussteres Kaufverhalten der Konsumenten in ganz Europa haben dazu geführt, dass der Second-Hand-Sektor in ganz Europa stetig wächst und sich als eigenständiger Sektor entwickelt hat. Mit dem Wachstum des Sektors einher geht das Bestreben der dort agierenden Unternehmen und Akteure diesen weiter zu professionalisieren, was die Forderung nach branchenspezifischen und anerkannten Qualifizierungen der dort Beschäftigte nach sich zieht. Dies bestätigen auch die Forschungsergebnisse des Leonardo da Vinci Projektes „QualiProSecondHand“. So vertraten alle 35 im Rahmen des Projektes interviewten Unternehmen sowohl aus dem Profit-, als auch aus dem Non-profit-Bereich die einheitliche Meinung, dass eine weitere Professionalisierung nur durch eine Investition in die Mitarbeiter möglich wäre. Auf dieser Basis wurde ein sektorspezifisches, arbeitsprozessbezogenes Qualifizierungsprofil entwickelt, was derzeit in einem Folgeprojekt umgesetzt und erprobt wird.
Im Rahmen des Vortrags wird einerseits eine kurze Erläuterung der wesentlichen Ergebnisse zu den identifizierten sektorspezifischen Arbeitsprozessen, die die Basis für das Qualifizierungsprofil bilden, erfolgen, anderseits werden die beruflichen Möglichkeiten und der Nutzen aufgezeigt, die sich für Menschen im Übergangssystem vom 2. Arbeitsmarkt in den 1. Arbeitsmarkt durch eine entsprechende Qualifizierung eröffnen. Gerade für diese Menschen, die aufgrund unterschiedlicher und individueller Problemlagen am Arbeitsmarkt benachteiligt sind – für die sogenannten Maßnahmeempfänger – bietet eine anerkannte Qualifizierung die Chance auf eine nachhaltige Integration ins Berufsleben. Weiterhin soll die Fragestellung, inwieweit sich der Sektor als neues Beschäftigungsfeld nicht nur für dieses Übergangssystem, sondern für unterschiedliche Übergangssysteme bis hin zu einer möglichen neuen Erstausbildung eignet, diskutiert werden. Abschließend soll der Nutzen einer sektorspezifischen Qualifizierung für Zielgruppen in weiteren Übergangssystemen sowie daraus möglicherweise resultierende neue berufliche Perspektiven für diese, eruiert werden.
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Dipl.-Ing. (FH), Dipl. Berufspädagogin Heike Arold
Mitgestaltung der Energiewende – Herausforderung und Chance für Facharbeit und Berufsbildung
Wir in den entwickelten Industrienationen leben bisher auf Kosten der ärmeren Länder, weil wir übermäßig fossile Energieträger und andere Ressourcen verbrauchen und mit unseren Abfällen und Emissionen künftige Generationen belasten. Diese Lebensweise ist an natürliche Grenzen gestoßen und bietet keine Zukunftsperspektiven, weil sie die Lebensgrundlagen aufzehrt. Eine verantwortungsvolle Nutzung der verfügbaren Ressourcen in allen Lebensbereichen ist daher unumgänglich und stellt somit auch eine Herausforderung und Chance für die Facharbeit und die berufliche Bildung dar. Die Herausforderung besteht darin,. Die Chance ist dadurch gegeben, einen Beitrag. Ziel ist es durch privates und berufliches Handeln Verantwortung für die ökologische Tragfähigkeit unseres Planeten zu übernehmen dazu ist ein durchgreifender gesellschaftlicher Wandlungsprozess erforderlich, der alle Menschen betrifft und von jedem gelebt werden muss. Wenn nicht weiter Raubbau an den Lebensgrundlagen betrieben werden soll, ist das Beschreiten dieses Weges unabdingbar.
Zahlreiche Initiativen und Projekte machen deutlich, die Energiewende hat bereits begonnen, die damit einhergehenden Herausforderungen und Chancen sind aber noch immer zu wenig im Bewusstsein verankert. Mit diesem Beitrag wird ein Blick in die Zukunft geworfen und die Entwicklung hin zu einer solaren Energiebasis der Gesellschaft skizziert; es werden die technischen Perspektiven und die Herausforderungen der Energiewende, die Aufgabenfelder der Facharbeit sowie die damit verbundenen Beschäftigungschancen erläutert. Die elektro- und metalltechnische Aus- und Weiterbildung ist dabei in besonderem Maß gefordert, einen Beitrag zu leisten, die Kompetenz der Fachkräfte zur Mitgestaltung dieser Zukunftsaufgabe zu fördern.
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Prof. Dr. Thomas Vollmer
Wandel der Facharbeit in den Branchen Windenergie und Solartechnik
Die Produktion, Installation und Wartung von Geräten und Anlagen zur Nutzung der regenerativen Energien ist eine Wachstumsbranche in Deutschland, die eine erhebliche Anzahl neuer Arbeitsplätze schafft (Steigerung von 160 000 Arbeitsplätzen 2004 auf 339 000 im Jahre 2009). Für die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien an der gesamten Energieproduktion werden auch in den nächsten Jahren weitere Fachkräfte in allen Bereichen der Branche, beispielsweise in der Windenergie und Solartechnik, benötigt. Doch während es in Österreich zum Beispiel seit 2009 den Modulberuf Installations- und Gebäudetechnik mit dem Spezialmodul Ökoenergietechnik gibt, werden in Deutschland nur in wenigen Berufsausbildungen Grundkenntnisse für die Arbeit im Bereich der erneuerbaren Energien vermittelt.
Bei einer Unternehmensbefragung durch den Wissenschaftsladen Bonn wurde festgestellt, dass 64% der Unternehmen es begrüßen würden, wenn branchenspezifische Kenntnisse in die Ausbildungs- und Studiengänge übernommen werden. Und 32% der Unternehmen wünschen sich neue Ausbildungsberufe und Studiengänge, in denen die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Die Tätigkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien sind gewerkeübergreifend, die duale Berufsausbildung in Deutschland ist jedoch stark in Berufsfelder gegliedert. So kann ein Dachdecker z.B. die von ihm installierte Solaranlage auf der elektrischen Seite nicht in Betrieb nehmen. Der Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik wiederum hat nur begrenzte mechanische Kenntnisse über den Rotor einer Windkraftanlage. Als weiteres Argument für neue Berufe wird das Problem ins Feld geführt, dass interessierte Auszubildende erst eine "normale" Ausbildung durchlaufen müssen, bevor sie sich auf den Bereich der erneuerbaren Energien spezialisieren können.
Bisher nutzten die Unternehmen in der Branche bereits ausgebildete und somit auf dem Arbeitsmarkt vorhandene Fachkräfte bzw. bildeten in den bekannten Berufen (Anlagenmechaniker für SHK, Dachdecker, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik und Mechatroniker) aus. Häufig lernen die Auszubildenden allerdings in der Berufsschule sehr wenig zum Thema "Erneuerbare Energien", da auch die Lehrpersonen sich in diesen relativ neuen Bereich einarbeiten müssen.
Da es keinen neuen Beruf im Bereich der erneuerbaren Energien gibt, müssen die Auszubildenden die domänenspezifischen Inhalte ihrer Tätigkeit während der Ausbildung im Unternehmen erwerben. Dieses gilt im Übrigen auch für neu eingestellte Mitarbeiter. Zu den betrieblichen Maßnahmen gehören u. a. die Einarbeitung am Arbeitsplatz, Job-Rotation, interne und externe allgemeine Schulungen sowie spezielle Produktschulungen einiger Hersteller. Weitere Qualifizierungsmöglichkeiten sind nach dem Facharbeiterabschluss die Weiterbildungsmöglichkeiten zum Solarteur oder zum Servicetechniker für Windkraftanlagen, die genau auf die Besonderheiten der Branche der erneuerbaren Energien zugeschnitten sind.
Im Vortrag sollen Argumente für und wider branchenspezifische Berufe diskutiert und in den Kontext der Diskussion um Berufsgruppen gestellt werden. Wir stützen uns auf eigene Befragungen und eine Literaturauswertung.
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Prof. Dr. Peter Röben
Michael Reinhold, Christian Lang
Neue Qualifikationsanforderungen: Windenergieanlagen
Mit der rasanten Zunahme des Ausbaus regenerativer Energiekonverter in Deutschland haben sich auch die Anforderungen an Kompetenzprofile von Fachkräften entwickelt, die in den Aufbau und den Betrieb dieser Anlagen involviert sind. In dem hier betrachteten Segment der Windenergietechnik bringt insbesondere die Implementierung der Offshore−Windenergieanlagen neue Herausforderungen an die Qualifikationsstruktur der Beschäftigten mit sich.
Da es kaum noch um die Errichtung nur einzelner Windräder geht, sondern um Windparks unterschiedlicher Größe an verschiedenen Standorten, haben sich auch Verlagerungen in der Wertschöpfungskette ergeben. Die Phasen Planung, Finanzierung, Genehmigung, Errichtung und Betrieb der Windparks erfordern immer mehr Experten mit ganz unterschiedlichen Kompetenzprofilen sowohl hinsichtlich des Niveaus als auch der Struktur. Vor diesem Hintergrund zeichnen sich auf der Nachfrage− wie auf der Angebotsseite von Fachkräften vielschichtige Entwicklungen ab, die nur noch schwer überschaubar und einem ständigem Prozess der Veränderung unterworfen sind. Die Herstellerfirmen von Windenergieanlagen verfolgen bestimmte Rekrutierungs− und Qualifizierungsstrategien für das Personal zur Produktion und zum Aufbau sowie zur Instandhaltung ihrer Anlagen. Auf der anderen Seite versuchen öffentliche wie private Bildungsträger mit den unterschiedlichsten Qualifizierungsansätzen, ihren Anteil an dem wachsenden Markt zu sichern. Besonders im Offshore−Segment befindet sich derzeit noch Vieles in der Entwicklung. Über die Anzahl der benötigten Fachkräfte, allein für die Instandhaltung der Windparks auf hoher See, herrscht derzeit ebenso wenig Klarheit wie über die technologischen Konzepte, die diese zuverlässig gewähr¬leisten sollen. Es gibt zwar einige Untersuchungen, die auf bestimmte Qualifikationsanforderungen für unterschiedliche Tätigkeiten in diesem Kontext verweisen; berufswissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse, beispielsweise über Arbeitsprozesse bei der Inbetriebnahme oder der Instandhaltung von Windenergiekonvertern, gibt es jedoch kaum.
In diesem Beitrag sollen einige wenige Facetten der hier angesprochen Problematik beleuchtet werden. Im Mittelpunkt steht die Instandhaltung von Windparks mit dem zusätzlichen Fokus auf die Offshore−Technologie. Dabei soll auch der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich neue Berufe auf Facharbeiterebene entwickeln könnten, um Fachkräfte mit spezifischer beruflicher Identität auszubilden.
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Michael Reinhold
Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Abschlussprüfung der gewerblich-technischen Elektroberufe
Seit Verabschiedung der AGENDA 21 im Jahr 1992 wurden in den verschiedenen Staaten der Erde politische Umsetzungskonzepte entwickelt. Die AGENDA 21 hat bereits ausdrücklich gefordert, dass durch Aus- und Fortbildungsprogramme ein
stärkeres Bewusstsein für Umwelt- und Entwicklungsfragen gefördert werden soll. Dabei schließt die berufliche Bildung für eine nachhaltige Entwicklung an bisherige Ansätze der beruflichen Umweltbildung an, indem Lehr-/Lernprozesse so gestaltet werden sollen, dass soziale, ökologische und ökonomische Fragenstellungen im Sinne der Agenda 21 in Ausbildung und Unterricht mit einfließen. Darüber hinaus wird Nachhaltigkeit von vielen Bildungspraktikern im Sinne einer lang anhaltenden Wirksamkeit von beruflichen Lehr-/Lernprozessen verstanden.
Die für den Zeitraum 2005 bis 2014 ausgerufene UN-Dekade der Vereinten Nationen „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ hat zum Ziel, dass in möglichst vielen Ländern der Erde das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung fest in den Bildungsplänen verankert werden soll. Dazu gehört ausdrücklich auch die Umsetzung des Leitbildes in der beruflichen Aus- und Weiterbildung der gewerblich-technischen Elektroberufe.
In den Rahmenlehrplänen und Ausbildungsordnungen der Elektroberufe lassen sich Bezüge zum Umweltschutz, zur Ressourcenproduktivität und zu sozialen Themen der Ausbildung finden. Dabei spielt auch die rationelle Energieverwendung eine immer wichtigere Rolle. Vor allem haben aber auch die Gesellen- bzw. Facharbeiterprüfungen durch ihre Rückwirkung auf Inhalte und Strukturen der Ausbildung eine hohe richtungweisende Relevanz (Stichwort: Heimlicher Lehrplan). Dieser Beitrag untersucht, unter Berücksichtigung der berufsspezifischen Schwerpunkte, die Abschlussprüfungen der Berufe Elektroniker/in FR Betriebstechnik (Ind.) und Informationselektroniker/in (Hw) auf Bestandteile einer beruflichen Bildung für nachhaltige Entwicklung. Für die Untersuchung wird das Nachhaltigkeitsverständnis der Agenda 21 zugrunde gelegt. Dabei spielt der Bezug zu globalen Umwelt- und Entwicklungsfragen unter Berücksichtigung von sozialen, ökologischen und ökonomischen Fragestellungen eine besondere Rolle.
Mit Hilfe eines kategorialen Suchrasters werden Prüfungen der vergangenen Jahre in beiden Berufen ausgewertet. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl in den fachlichen und überfachlichen Teilen der Prüfung Anknüpfungspunkte an das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung finden lassen. Im fachlichen Teil wird besonders durch Aufgaben, die sich mit der rationellen Energieverwendung befassen, die Verknüpfung von ökologischen und ökonomischen Themen sichtbar. Allerdings sind Aufgabenstellungen, die sich mit globalen und interkulturellen Themen beschäftigen, nur in einem geringen Umfang in den Prüfungen vorhanden.
Neben der Auswertung der Abschlussprüfungen werden auch mögliche Vorschläge einer neuen veränderten Aufgabengestaltung zu Diskussion gestellt. Dazu gehören Fragestellungen, die im z. B. Rahmen einer Produktlinienanalyse elektrotechnische Produkte auf gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen untersuchen und beurteilen.
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Wilko Reichwein
Prospektive Entwicklung von Qualifizierungsangeboten für Brennstoffzellen-Heizgeräte
Zu Beginn dieses Jahrtausends waren sich viele Experten darin einig, dass die Brennstoffzellen-Technologie schon in wenigen Jahren marktfähig sein würde. Deren prinzipielle Vorteile und ökologischer Nutzen wurden insbesondere in den Anwendungsfeldern (Auto-)Mobilität und Gebäudeenergieversorgung weithin und überzeugend kommuniziert. In der Folge entwickelten auch Akteure der Berufsbildung erste Aktivitäten und begannen Qualifizierungsbedarfe, Zielgruppen und zeitliche Prognosen zu definieren. In Baden-Württemberg wurde 2002 sogar das Weiterbildungszentrum Brennstoffzellen in Ulm gegründet, um den erwarteten Bedarf an Fachleuten abdecken zu können.
Doch dann wurde es infolge unbefriedigender technischer Performance und nicht erreichter Kostenreduktion – zumindest in der Außenwahrnehmung – erst einmal still um diese Zukunftstechnologie. Die vorausgesagten Markteinführungszeitpunkte verstrichen, erste Skeptiker verkündeten das Ende der Brennstoffzellentechnologie.
Tatsächlich setzten jedoch einige wenige Unternehmen ihre Bemühungen fort, so dass heute durchaus von einem allmählichen wieder Erstarken ausgegangen werden kann. Einige Automobilhersteller sprechen von 2014 bis 2015 von Serienfertigungsstarts und auch Brennstoffzellen-Heizgeräte werden derzeit im bisher größten Feldtest „Callux“ deutschlandweit 800 Geräte von 3 Herstellern im Praxiseinsatz getestet.
Dabei handelt es sich um sogenannte Mikro-KWK-Geräte im Leistungsbereich von ca. 1 kWel und bis knapp 2 kWth, mit integriertem oder angebundenem Spitzenlastkessel. Die beratenden, planenden, installierenden und betreuenden Akteure werden dabei mit einigen ganz besonderen Herausforderungen konfrontiert und nehmen bei Markteinführung und Diffusion eine bedeutende, wenn nicht entscheidende Stellung ein.
Qualifizierungsanbieter fungieren in diesem Kontext als Vermittler zwischen Herstellern, Energieversorgern und Handwerk, deren Qualifizierungsangebote sind idealerweise inhaltlich wie konzeptionell auf die Innovations- und Diffusionsprozesse abgestimmt. Der Beitrag stellt darauf ab, den aktuellen Entwicklungsstand und die im Callux-Feldtest (weiter) entwickelte Vorgehensweise einer kritischen Diskussion zugänglich zu machen.
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Werner Müller
Aus- und Weiterbildung in den Zukunftstechnologien Photovoltaik und Solarthermie
Photovoltaik- und thermische Solaranlagen sind neben Windenergieanlagen und nachwachsenden Rohstoffen die erneuerbaren Energieträger mit dem größten Zukunftspotenzial in Deutschland. Für das Handwerk haben diese Energieträger zwei Bedeutungen. Zum einen hat sich ein wichtiges Geschäftsfeld entwickelt, dass sich nach aller Voraussicht in einem Wachstumsmarkt befindet. Zum anderen haben die Handwerksbetriebe durch die traditionell enge Kundenbeziehung eine Schlüsselrolle in der weiteren Verbreitung dieser Technologien.
Die BBS II Delmenhorst hat sich der Herausforderung der Qualifizierung von Fachkräften im Bereich der regenerativen Energien bereits vor über zehn Jahren angenommen. Kern der „Altanlagen“ sind vier thermischen Solaranlagen unterschiedlicher Hersteller und zwei Photovoltaikanlagen (Mono- und Polykristallin). Die Anlagen befinden sich auf einem begehbaren Flachdach der Schule und werden im Berufsschulunterricht in den einschlägigen Ausbildungsberufen (Anlagenmechaniker und Elektroniker) eingesetzt (siehe www.bbs2.de).
Die im November 2010 neu errichteten PV-Anlagen (siehe Anlage) sind mit innovativen Dünnschichtmodulen ausgestattet (CIS-Technologie) und bieten die Möglichkeiten zur Simulation unterschiedlicher Dachneigungen und -ausrichtungen im Vergleich zu einer optimal ausgerichteten Anlage. Die Messdaten der Photovoltaikanlagen werden erfasst und im Internet veröffentlicht. Damit wird zum einen Handwerksbetrieben und Kunden ein Einblick in reale Anlagen gewährt und zum anderen können weitere Berufsschulen die Daten in Unterrichtsprojekte einfließen lassen.
Im Rahmen der Anlagenerweiterung wird die didaktisch-methodische Konzeption der Solaranlage im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) überarbeitet. Der Unterricht soll verstärkt in Form von gestaltungsorientierten Lern- und Arbeitsaufgaben durchgeführt werden und neben der technischen Sicht im gleichen Maße wirtschaftliche und soziale Dimensionen beinhalten.
Der Solarunterricht ist fester Bestandteil bei der Ausbildung von Referendaren. Darüber hinaus haben alle Schulklassen der BBS II die Möglichkeit, im Rahmen des Politikunterrichtes (Handlungsfeld Beruf und Umwelt) die Solaranlage zu besichtigen und umweltpolische Fragen zu diskutieren. Der Unterricht wird dazu im Team (ein technischer Fachlehrer und ein Politiklehrer) durchgeführt.
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StR Dipl.-Ing. (FH) Olaf Herms
Softwaregestützte Lern- und Arbeitsaufgaben für das berufliche Handlungsfeld „Installieren und in Betrieb nehmen von PV-Anlagen"
Im Rahmen des Beitrags erhalten die Teilnehmer zunächst eine kurze Einführung in das berufswissenschaftliche begründetet Konzept der Kompetenzwerkst@tt (www.kompetenzwerkstatt.net) sowie zum konzeptionellen Verständnis von Lern-und Arbeitsaufgaben. Anschließend wird anhand der Lernsoftware Kompetenzwerkst@tt Elektrohandwerk (www.http://www.kompetenzwerkstatt.net/e-handwerk) exemplarisch aufgezeigt, wie eine softwaregestützte Lern- und Arbeitsaufgabe für das Handlungsfeld „Installieren und Inbetriebnehmen von PV-Anlagen“ strukturiert und ausgestaltet werden kann und wie dabei die Potenziale digitaler Medien genutzt werden können. Abschließend wird dargestellt, wie eigene softwaregestützte Lern- und Arbeitsaufgaben – ohne großes medientechnisches Know-how – mit Hilfe der Lernsoftware entwickelt bzw. vorhandene angepasst werden können, um sie den jeweiligen Rahmenbedingungen des eigenen Lernortes bzw. für unterschiedliche Unterrichtsszenarien anzupassen.
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Michael Sander
Michael Christiansen, Hinrich Winter
Projekt "Nachgeführter Solarturm"
Die Berufliche Schule Niebüll, mit ca. 2800 Schülern und ca. 140 Lehrkräften, ist die nördlichste Berufliche Schule der Bundesrepublik Deutschland. Die Schularten teilen sich in den Teilzeitbereich mit 35 Berufszweigen und den Vollzeitbereich mit dem „Ausbildungsvorbereitenden Jahr“, Berufsfachschulen I und III und dem Beruflichem Gymnasium auf. Seit über 10 Jahren werden an unserer Schule Projekte durchgeführt, die sich durch jahrgangs-, fachbereichs- und schulartübergreifendem Unterricht auszeichnen.
Ab 2006 ist das Thema „Erneuerbare Energien“ fester Bestandteil der Unterrichtsinhalte an unserer Schule, wodurch bei den Schülern ein Umweltbewusstsein im Bereich des Klimaschutzes vertieft wird. Anhand von interdisziplinären Projekten wie „Nachgeführter Solarturm“( 4 Phasen 2006-2009 mit 15 Klassen) und „Elektromobilität“ (2009/10 mit 10 Klassen) haben die Schüler eine Umweltkompetenz unter Beachtung ökologischer und ökonomischer Aspekte entwickelt. Zusätzlich haben sich weitere Klassen in vielen Einzelprojekten mit dem Thema „Erneuerbare Energien“ und „Energiesparen“ beschäftigt.
Der Leitgedanke „Die Ausbildung soll den einzelnen Schülerinnen und Schülern unserer Region Zukunftsperspektiven eröffnen“ ist in der Präambel unseres Schulprogramms verankert.
Nach dem Besuch (2006) des Solarparks Rodenäs (800 nachgeführte Solartürme, 2,5 MW) haben wir für unsere Projektarbeit „Nachgeführter Solarturm“ ein Modell gebaut. In den nächsten Projekten haben wir dieses Modell mit Sensoren erweitert, die Steuerung selbst entwickelt und programmiert. Im Jahr 2008 haben wir das Ziel umgesetzt, einen Original Solarturm aus Rodenäs an der Schule aufzubauen. Die Schüler können jetzt vom Klassenraum aus die entsprechenden Sensoren abfragen und den Solarturm ansteuern, um so die technischen Zusammenhänge einer nachgeführten Solaranlage zu erkennen. In all diesen Projekten arbeiteten Schüler aus verschiedenen Bereichen der Schule zusammen, da die Projekte nur durch die kombinierte Fachkompetenz der einzelnen Klassen zum Erfolg gebracht werden konnten. Die selbstgebauten Modelle und Anlagen wurden bzw. werden von den nachfolgenden Jahrgängen weiterentwickelt. Somit ergibt sich eine hohe Identifikation mit den Projekten, da die Ergebnisse sichtbar an der Schule weiter genutzt werden.
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Michael Christiansen
Msc. W. J. Eric Sawadogo, Dipl.-Päd. Sebastian Mayer, Dipl.-Soz.päd. Christiane Staack, Technische Universität Dresden
Flexibilität der Facharbeit und Sicherung erfolgreicher Übergänge durch Lernsituationen und Zusatzqualifikationen im Bereich der Erneuerbaren Energien
Die Entwicklung der erneuerbaren Energien als Zukunftstechnologien in der Wirtschaft stellt zunehmend neue Anforderungen an die Facharbeit in elektrotechnischen und metalltechnischen Berufen. Die Versuche, den Fachkräftebedarf im Bereich der erneuerbaren Energien durch Umschulung von Arbeitssuchenden z.B. durch Qualifizierungsmaßnahmen privater Bildungsträger in einer strukturschwachen Region wie Brandenburg zu sichern, haben begrenzt Erfolge gezeitigt. Schwierigkeiten bestehen u.a. darin, geeignetes Fachpersonal für die Umschulung zu gewinnen.
Um den Fachkräftebedarf für den zukunftsrelevanten Wirtschaftsbereich der erneuerbaren Energien zu sichern, sollte die Qualifizierung demnach gezielter, flexibler und stringenter erfolgen. Dabei werden folgende Fragen offensichtlich:
- Welche Anforderungen werden an die Facharbeit in den Bereichen der erneuerbaren Energien gestellt?
- Welche elektrotechnischen und metalltechnischen Ausbildungsberufe eignen sich besonders für spezielle Qualifizierungsmaßnahmen?
- Wie können entsprechende Fachkräfte aus- und weitergebildet werden?
Das JOBSTARTER-Projekt „Erneuerbare Energien – Neue Ausbildungsfelder für die Zukunft“ der Professur für Metall- und Maschinentechnik / Berufliche Didaktik (Berufliche Fachrichtung Elektrotechnik), TU Dresden, sowie der WEQUA in Lauchhammer beschäftigt sich mit diesen Fragen. Im Vortrag werden folgende vorläufige Ergebnisse des Projekts aufgezeigt:
- Ergebnisse einer Analyse der Ausbildungsberufe sowie einer Potentialanalyse,
- Vorgehen bei der Erarbeitung von Lernsituationen und Zusatzqualifikationen,
- Eckpunkte möglicher Lernsituation, exemplarisch für den Bereich Photovoltaik,
- didaktisch-methodische Gestaltungsaspekte der beruflichen Handlungsorientierung,
- Perspektiven.
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Msc. W. J. Eric Sawadogo
Anforderungen an die Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen
Arbeiten an Fahrzeugen mit HV-Systemen dürfen nur von Mitarbeitern durchgeführt werden, die an zusätzlichen Schulungsmaßnahmen bezüglich der elektrischen Gefähdungen teilgenommen haben. Der Umfang der notwendigen Qualifizierung richtet sich nach Umfang und Art der durchzuführenden Arbeiten und dem Grad der dabei auftretenden elektrischen Gefährdung.
Für das Bedienen der HV-Fahrzeuge ist es ausreichend die Mitarbeiter in die dabei zu beachtenden Besonderheiten einzuweisen.
Sollen allerdings nichtelektrische Arbeiten (z.B. mechanische Tätigkeiten wie Ölwechsel), bei denen der Mitarbeiter im Fehlerfall einer elektrischen Gefährdung ausgesetzt sein könnte, durchgeführt werden, muss eine Unterweisung auf die neuen im Fahrzeug befindlichen Gefährdungen, die Schutzmaßnahmen und Verhaltensmaßnahmen erfolgen. Der Umfang der Unterweisung orientiert sich wieder an der Art der durchzuführenden Arbeiten und dem dabei erwarteten Gefährdungspotential. Nach dieser Unterweisung ist der Mitarbeiter als elektrotechnisch unterwiesene Person anzusehen. Die Unterweisung muss dokumentiert werden.
Elektrotechnische Arbeiten an HV-Systen in Fahrzeugen (z.B. Wechsel von HV-Komponenten, Spannungsfreiheit feststellen) dürfen nur von Personen mit der Fachkunde für die entsprechenden HV-Systeme oder unter deren Leitung und Aufsicht erfolgen. Die dazu notwendige Qualifizierung hängt von der Vorbildung und den vorhandenen Erfahrungen der zu qualifizierenden Mitarbeiter sowie von der Art der elektrotechnischen Arbeiten ab. Arbeiten an Serienfahrzeugen haben eine geringere elektrische Gefährdung als an Vorserienfahrzeugen. Damit muß die Qualifizierung für elektrotechnische Arbeiten an Serienfahrzeugen weniger umfangreich sein als die für Arbeiten an Vorserienfahrzeugen. Nach erfolgreicher Qualifizierung sind die Mitarbeiter Fachkundige für HV-Systeme in Fahrzeugen. Die zusätzliche Qualifizierung befähigt sie selbständig an derartigen Fahrzeugen (z. B. Elektro- und Hybridfahrzeugen) gefährdungsfrei elektrotechnische Arbeiten durchführen zu können. Sie müssen in der Lage sein, die übertragenen Arbeiten zu beurteilen, mögliche Gefahren zu erkennen und die für das HV-System notwendigen Schutzmaßnahmen umzusetzen.
Es wurden bedingt durch unterschiedliche Gefährdungen für
• Arbeiten in Entwicklung und Prüfständen (vor Start of Production)
• Erstellung und Inbetriebnahme der elektrischen Fahrzeugkomponenten im Fertigungsprozess
• Arbeiten an Serienfahrzeugen
verschiedene Qualifizierungskonzepte erarbeitet. Diese orientieren sich an der Tiefe und Komplexität der durchzuführenden elektrotechnischen Arbeiten und berücksichtigen mit unterschiedlichen Inhalten und Zeitumfängen die Vorbildung der zu qualifizierenden Personen.
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René Stieper
Facharbeit an elektrifizierten Fahrzeugen – erste Erkenntnisse
Befinden wir uns im Übergang zu einer Mobilität ohne Verbrennungsmotor? Verändern sich dadurch unsere Fahrzeuge so maßgeblich, dass wir unsere Einstellung zur Fortbewegung überdenken und neue Qualifikationen entstehen oder gar neue Berufe erforderlich werden?
Die Elektromobilität ist mittlerweile zu einem Megathema geworden, welches stark politisch besetzt ist und mit der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in Verbindung gebracht wird. Die zahlreichen Initiativen und Forschungsprogramme (vgl. Becker 2010) signalisieren, dass sich Deutschland an die Spitze der Entwicklung hin zur Elektromobilität setzen will. In den Bereichen Forschung und Entwicklung werden große Anstrengungen unternommen, um beispielsweise durch Forschung zu leichteren und kleineren Batterien mit größerer Reichweite zu kommen, die Entwicklung leistungsfähiger und preiswerter Elektroantriebe voranzutreiben, die Infrastruktur für das Betreiben von Elektrofahrzeugen bereitzustellen und so die Marktreife und Verbreitung von Elektrofahrzeugen zu erhöhen. Entstehende Qualifikationsbedarfe werden bislang aus diesen technologischen Entwicklungen abgeleitet und es wird von der Technik elektrifizierter Fahrzeuge auf einen Qualifizierungsbedarf für Fachkräfte in der Werkstatt geschlossen.
Der Beitrag soll die Notwendigkeit gründlicher empirischer Forschung als Grundlage für Überlegungen zur Deckung entstehenden Qualifikationsbedarfs aufzeigen. Die Erfahrungen mit der Arbeit an elektrifizierten Fahrzeugen erstrecken sich bislang weitestgehend auf Hybridantriebe, die bereits zu größeren Stückzahlen im Markt verbreitet sind. Die für diese Fahrzeuge angebotenen Schulungskonzepte der Hersteller und erste empirische Erkenntnisse verweisen bislang – von der Vorbereitung auf die Gefahren der Arbeit an Hochvoltanlagen abgesehen – nicht auf einen neuen Qualifikationsbedarf. Stattdessen erfolgen die Wartungs- und Reparaturarbeiten an Fahrzeugen mit solchen Antrieben relativ problemlos und werden von Kfz-Mechatronikerinnen durchgeführt. Qualitätsmängel bei der Arbeit an solchen Fahrzeugen sind bis jetzt noch nicht aufgetreten. Dennoch floriert derzeit ein ausgeprägtes Seminarwesen von Akademien, Überwachungsorganisationen und auch Fahrzeugherstellern, die Fachkräfte schon präventiv auf die neuen Technologien schulen wollen. Dass dadurch die Qualifizierung für den „Kern“ der anfallenden Arbeiten von der Erstausbildung auf die Weiterbildung verlagert wird, soll im Beitrag ebenso diskutiert werden wie die Ausrichtung und Rolle der mit Aus- und Weiterbildung beteiligten Personen und Institutionen. Zudem sollen zukünftige Entwicklungen bei der Veränderung der Facharbeit in Kfz-Werkstätten abgeschätzt und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Anpassung der Berufsbildungsprozesse in Betrieben und Berufsschulen bewertet werden.
Quellen
Becker, M.: Elektromobilität und Beruf. In: lernen & lehren. Wolfenbüttel: Heckner Heft 100, 25. Jg., 2010, S. 162–167
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Prof. Dr. Matthias Becker
Berufsbildungskonzept im Kfz-Gewerbe zur Deckung notwendigen Qualifikationsbedarfs durch die Elektromobilität
Der Ausbildungsberuf Kfz-Mechatroniker/in wurde im Jahre 2003 in Form einer Erprobungsverordnung neu etabliert und im Jahr 2007 in eine Regelausbildungsordnung überführt. Bedingt durch die technologische Entwicklung und einer zukunftsweisenden Verknüpfung der Mechanik und Elektrik/Elektronik in auf dem Markt zu erwartenden modernen Fahrzeugen sind damals die beiden Berufe Kfz-Mechaniker/in und Kfz-Elektriker/in zu einem Beruf verknüpft worden. Fast 10 Jahre später stellt sich die Frage, war dies damals die richtige Entscheidung?
Die Politik hat jetzt ein neues Steckenpferd und will - obwohl derzeit kaum markt- und serienreife Elektrofahrzeuge verfügbar sind - 1 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2020 auf den Markt platzieren. Unabhängig von der sicherheitstechnischen Frage mit dem Umgang mit hohen Spannungen im beruflichen Werkstattalltag stellt sich jetzt die Frage, ob im aktuellen Berufsbildungskonzept die Thematik der Elektromobilität in den jeweiligen Verordnungen positioniert wurde.
Das Kfz-Gewerbe beschäftigt sich u. a. bereits seit über 30 Jahren mit der Messung von Spannungen an Fahrzeugen und wird dies auch noch in Zukunft tun. Zu beobachten ist jedoch das Zulassungsverhältnis „Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben mit Verbrennungsmotoren“ zu „Fahrzeugen mit Antrieben ohne Verbrennungsmotoren“ sowie die in einer neuen Fahrzeuggeneration platzierten Technologie und die sich evtl. daraus ergebenden Änderungen der Arbeitsprozesse und Abläufe in Kfz-Werkstätten.
Das bedeutet, nicht die Elektromobilität alleine ist der Auslöser, über eine Neuausrichtung der Konzepte in der Aus- und Weiterbildung im Kfz-Gewerbe nachzudenken.
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Dipl.-Ing. Joachim Syha
Herrmann Denning, Tschessja Butterwegge
Zukunftstechnologien und ihre Auswirkungen auf die Facharbeit - Fertigungs- und Reparaturtechnologien
Nach wie vor gilt es, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbildungschancen von Jugendlichen ohne Schulabschluss (bzw. mit schlechtem Hauptschulabschluss) und mangelnder Ausbildungsreife zu verbessern. Die zum Teil erheblichen Verhaltens- und Lernprobleme der Jugendlichen tragen maßgeblich dazu bei, dass das Klassen- und Lernklima problematisch sein kann.
Ziel ist es, die Berufsvorbereitung der Schüler so zu gestalten, dass die Verwertbarkeit der erlernten Qualifikationen und Kompetenzen dazu beitragen, einen Berufsausbildungsplatz zu erhalten. Dafür muss sich jedoch ein positiveres Klassen- und Lernklima einstellen, um die Motivation der Jugendlichen zu stärken.
Mit Hilfe einer konkreten Lernsituation ist es gelungen, theoretisches und praktisches Wissen miteinander zu verknüpfen und zugleich das Interesse der Schüler zu wecken. Während die Schüler einer Berufsfachschulklasse Metalltechnik Fachrichtung Metallbau im Technologieunterricht neben der Fachkompetenz noch Sozial- und Methodenkompetenzen durch Schülerpräsentationen ausbauen konnten, diente die Fachpraxis dazu, die frisch erworbenen fachlichen Kenntnisse mit praktischen Fähigkeiten zu kombinieren und anzuwenden. So mussten die Berufsfachschüler geeignete Dübel zur Montage eines Handcremespenders für verschiedene Untergründe auswählen, um anschließend diese auch tatsächlich montieren zu müssen. Es zeigt sich, dass Schüler durch ansprechende und „neue“ Medien zu motivieren sind und die ursprünglich negative Haltung zugunsten einer gesteigerten Leistungsbereitschaft aufgeben. Das Lern- und Klassenklima entwickelte sich leistungsfördernd, wodurch es möglich wurde, differenziert allen Schüler weitestgehend gerecht zu werden. Die erworbenen Fach-, Sozial und Methodenkompetenzen legen einen Grundstein für die nötige Ausbildungsreife, die benötigt wird, um die Ausbildungschancen der benachteiligten und leistungsschwachen Schüler zu steigern.
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Tschessja Butterwegge
Andreas Böhne, Günter Willmann
Didaktisches Konzept für ein Mechatronik- und Robotikzentrum in der Berufsschule
Die Berufsbildenden Schulen des Landkreises Osnabrück - Brinkstraße erhielten 2009 durch das niedersächsische Kultusministerium den Zuschlag für ein Innovationszentrum für Mechatronik- und Robotiksysteme (IMR).
Den Schwerpunkt dieses Zentrums bildet eine flexible Produktionsanlage, die mit Ideen der Lehrkräfte der BBS Osnabrück - Brinkstraße und der Firma FESTO Didactic zu einer offenen Lernlandschaft entwickelt wurde. Eine weitere Anlage steht für die betriebsnahe Vermittlung von Lerninhalten der Servotechnik zur Verfügung.
Mit dem modular aufgebauten Produktionssystem kann sowohl Grundlagenwissen als auch Expertenwissen an einer komplexen Gesamtanlage, die an einem industriellem Standard ausgerichtet ist, vermittelt werden. Die Konzeption verfolgt insbesondere das Ziel, Selbstlernprozesse der Schülerinnen und Schüler zu fördern.
Die Produktionsanlage bildet Kernprozesse der Fabrikautomation ab, wie das Transportieren, Handhaben, Positionieren, die Fertigung, Warenerkennung, Qualitätssicherung und die Einlagerung fertiger Produkte. Die Adaptierbarkeit neuer Module und der Ausbau der Systeme mit den jeweils aktuellen technologischen Standards sind möglich.
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Andreas Böhne
Didaktisches Konzept für ein CAD-CNC-Zentrum in der Berufsschule
Die Berufsbildenden Schulen des Landkreises Osnabrück Brinkstraße verfügen über eine moderne Ausstattung im Bereich der Zerspanungstechnik. Es steht neben einem modernen 5-Achs-Bearbeitungszentrum und einem 3-Achs-Bearbeitungszentrum für die Frästechnik auch eine Drehmaschine mit angetriebenen Werkzeugen zur Verfügung. Die Werkzeugmaschinen werden mit den Maschinensteuerungen von Heidenhain und Siemens programmiert und erfüllen so Industriestandard.
Ziel unserer Unterrichtskonzeption ist es, den gesamten Zerspanprozess unterrichtlich zu durchdringen. Thematisch werden neben der Programmierung auch Werkzeugmaschinenkonzepte, die Werkzeug- und Schneidstofftechnologie, die Spanntechnik von Werkzeug und Werkstück sowie die Fertigungsmesstechnik einbezogen. Diese Inhalte werden im Rahmen eines handlungsorientierten Unterrichtsansatzes betrachtet.
Bei der Vorstellung des Konzeptes möchten wir gern folgende Punkte darstellen:
• Betriebliche Anforderungen an Facharbeiter im Bereich Zerspanung
• Unterrichtskonzepte und Inhalte in der Berufsschule
• Erforderliche Sachausstattungen
• Notwendige Lehrerqualifikationen
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Michael Beckmann
Didaktisches Konzept zur Ausbildung von Industriemechanikern in der Instandhaltung
In diesem Vortrag werden die Ergebnisse zweier Lernsituationen vorgestellt, die in unterschiedlichen Phasen der Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen, berufliche Fachrichtung Metalltechnik gestaltet und erprobt wurden. Diese Lernsituationen verwenden unterschiedliche Strategien zur Fehlersuche und unterschiedliche Getriebe für die Ausführung der Arbeitsaufgabe.
Im Rahmen seiner Staatsexamensarbeit für die Erste Staatsprüfung hat Marco Abend in Kooperation mit den berufsbildenden Schulen Nordhorn ein komplexes Lehr-/Lernarrangement geplant und erprobt (Lernfelder 9 und 7 für den Ausbildungsberuf Industriemechaniker/Industriemechanikerin). Es beinhaltet als Arbeitsaufgabe die Instandsetzung eines Wälzlagerschadens in einem Winkelgetriebe. Hierzu ist die Störungsursache zu finden, das Lager ist mit Hilfe geeigneter Werkzeuge auszubauen und das neue Lager ist wieder einzubauen. Hierbei sind Arbeitsregeln zu beachten, die eine ökonomische Arbeitsweise, ohne Beschädigung weiterer Bauteile oder des neuen Bauteils, zum Ziel hat. Um die Instandsetzungsaufgabe durchführen zu können, wurde eine Korrosion initiiert. Zudem wurden Prüfmittel ausgewählt und beschafft, die die Lokalisierung des Schadens erlauben. Die Lernaufgabe sieht den Erwerb von Kenntnissen vor über den Aufbau, die Funktion und die Funktionsabläufe von Zahnradgetrieben sowie von Wälzlagern. Für den Unterricht verwendet Herr Abend Leitfragen. Dazu hat er bereits erprobte weiterentwickelt. Die Lernaufgabe ist zu lösen mit Hilfe von verschiedenen Arten von Leittexten (Lernsoftware, Fachbücher, Internet-Enzyklopädie.)
Im Rahmen ihrer Examensarbeit für die zweite Staatsprüfung hat Janett Schmedes in Kooperation mit den Berufsbildenden Schulen Lohne ebenfalls eine Lernsituation zur Instandsetzung eines Getriebes gestaltet und erprobt (Lernfeld 13a Instandhalten von Systemen des Metall- und Stahlbaus, Ausbildungsberuf Metallbauer/ Metallbauerin). Mit Hilfe unterschiedlicher Methoden erwerben die Schülerinnen und Schüler meist selbstorganisiert Kenntnisse zum Aufbau und zur Funktion des technischen Systems Stirnradgetriebe (Maßnahmen der Instandhaltung, Getriebearten, Schmierung, Wellen und Lager). Als Medien werden das Fachbuch sowie Medien zur Ergebnispräsentation eingesetzt. Die Demontage des Getriebes erfolgt mit Hilfe eines Montageplanes, den die Schülerinnen und Schüler selbstständig erstellt haben.
Quellen:
Abend, Marco (2010): Instandsetzung eines Winkelgetriebes – Gestaltung und Erprobung eines berufspraktischen Lehr-/Lernarrangements im Lernfeld 9 und im Lernfeld 7 für den Ausbildungsberuf Industriemechaniker. Hannover, Leibniz Universität Hannover – Zentrum für Didaktik der Technik, Staatsarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung
Schmedes, Janett (2011): Hausarbeit im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter im Lande Niedersachsen. Osnabrück, Studienseminar Osnabrück
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Marco Abend
Möglichkeiten der outcome-orientierten Identifizierung von Kompetenzen in der Weiterbildung anhand von Qualitätsindikatoren am Beispiel der Versorgungstechnik
Für die Identifizierung von Kompetenzen auf allen Ebenen des Bildungssystems gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Die Entwicklung von Qualitätsindikatoren zur Kompetenzmessung für verschiedenste Berufszweige ist ein anerkanntes und probates Mittel bei der Evaluierung von Ausbildungs- und Weiterbildungsgängen auf der Mesoebene ebenso wie bei der Qualitätssicherung in der Produktion oder im Management von Unternehmen. Für einige Elemente der Mikroebene im deutschen Bildungssystem - also bspw. für Lernende in einer Weiterbildung - und hier speziell im Fachschulbereich sind solche Indikatoren nur spärlich vorhanden.
Im Vortrag soll beispielhaft gezeigt werden, wie diese Fehlstelle im Rahmen einer Forschungsarbeit behoben wurde und konkrete Kompetenzen der Lernenden in einer Weiterbildungsmaßnahme an der Fachschule Gotha mithilfe von Qualitätsindikatoren ermittelt wurden.
Die Bestimmung von Kompetenzen mittels Qualitätsindikatoren hat ihre Vorteile klar im Technikbezug und in ihrer Meßbarkeit am konkreten technischen Projekt. Es wird daher auszugsweise eine Projektarbeit als Planung für eine komplette Trinkwasserinstallation eines Kindergartens - als typische Planungsaufgabe eines Staatl. gepr. Technikers für Sanitärtechnik – vorgestellt. Für die dafür notwendigen Planungsschritte sind Qualitätsindikatoren entwickelt und angelegt worden, so dass es möglich ist, eine Planung nicht nur nach Komplexität oder Vernetzung, sondern auch nach deren technischer und planerischer Qualität zu beurteilen.
Mithilfe dieses Qualitätsurteils und der Verbindung aus vorhandener Komplexität und dem Grad der Vernetzung dieser Planung, ist es dann durch das eigens dafür entworfene Kompetenzmodell des Verfassers möglich, als Gesamtbewertung eine Planungskompetenz zu bestimmen, die der Staatl. gepr. Techniker nach Abschluss der Weiterbildung entwickelt hat und die in den EQR/DQR verortet werden kann. Diese Planungskompetenz beinhaltet verschiedene Teilkompetenzen, die im Rahmen des Unterrichts aufgrund des Lehrplans für Fachschulen vermittelt werden.
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Jürgen Poch
Projekt ANKOM – „Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge“
Ergebnisse und Konsequenzen für die Technikerausbildung
Hintergrund dieses vom Bundesministerium für Wissenschaft und Bildung (BMBF) angestoßenen Projektes ist der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 28.06.2002 „Außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten können im Rahmen einer gegebenenfalls auch pauschalierten Einstufung auf ein Hochschulstudium angerechnet werden, wenn sie ............ nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll ....“. Die KMK fasste am 25.02.2009 den Beschluss, „um den Übergang beruflich qualifizierter Bewerber in den Hochschulbereich zu erleichtern ......... setzt sich u. a. die KMK für weiter reichende Anrechnungsmöglichkeiten für die außerhalb von Hochschulen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein“. Die Ziele der Anrechnung beruflicher Kompetenzen waren damals:
• Flexiblere Übergänge zwischen außerhochschulischer Bildung und Hochschule ermöglichen
• Dopplungen an der Schnittstelle von beruflicher Bildung und Hochschulbildung vermeiden
• Anreize für Lebenslanges Lernen schaffen
• Bildungswege flexibilisieren
• Den Weg zum Hochschulabschluss verkürzen
Ferner sollen nach folgenden Grundprinzipien pauschale Anrechnungen vorgenommen werden
1. Eine bestimmte Anzahl von Kreditpunkten sollen angerechnet werden
2. Die Hochschule überprüft einmalig, ob und in welcher Höhe Kreditpunkte angerechnet werden können (in einem sog. Äquivalenzverfahren)
3. Anschließend wird allen Inhaber/innen des jeweiligen Fortbildungsanschlusses die Anrechnung garantiert
Auf dieser Basis wurde von der Universität Bremen, Institut Technik und Bildung (ITB), das Projekt CREDIVOC aufgelegt, um die Transparenz und Mobilität durch Anrechnung von Lernergebnissen in der beruflichen Bildung zu gewährleisten. Gegenstand des Projektes ist die Entwicklung und Implementation von Instrumenten und Verfahren zur Anrechnung beruflicher Lernergebnisse auf der Basis des EQF (European Qualification Framework) und der Prinzipien des ECVET (European Credit Transfer System for Vocational Education and Training) und ECTS (European Credit Transfersystem). Neben dem Projektkonsortium, dem Koordinator ITB Bremen und der Universität Oldenburg, den Partnern aus Finnland, Frankreich, Irland und Österreich gab es in Deutschland Kooperationspartner, so unter anderem die Staatliche Technikakademie Weilburg und der Bundesarbeitskreis der Fachschulen für Technik (BAK FST) sowie die Fachhochschule Wiesbaden-Rüsselsheim. Das CREDIVOC-Projekt zielt auf die Verknüpfung des Bologna-Prozesses und des Kopenhagen-Prozesses, die sich auf Durchlässigkeit in und zwischen den Bildungssystemen (d. h. beruflicher Bildung und Hochschulbildung) auf die Anrechnung von Lernergebnissen und Leistungspunkten sowie auf der Förderung Lebenslangen Lernens richtet. Das Instrument des Äquivalenzvergleichs ermöglicht die Anerkennung und Anrechnung verschiedener Arten des Formallernens, verbessert die Transparenz, Durchlässigkeit und Mobilität zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, ermöglicht flexible Übergänge zwischen Berufs- und Hochschulbildung und vermeidet Redundanzen in den Lernwegen und verkürzt Ausbildungszeiten. Im Arbeitskreis 6 wird auf dieses Projekt CREDIVOC näher eingegangen und die Ergebnisse sowie die Konsequenzen für die Technikerausbildung angesprochen und diskutiert.
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Wolfgang Hill, Dipl.-Ing.
Anschlussmöglichkeit von Technikerqualifikation an Hochschulstudiengänge im internationalen Vergleich - Kooperation der Technikakademie der Stadt Braunschweig mit der Glyndwr Universität Wrexham/Wales
Am 1. November 2007 haben die Technikakademie der Stadt Braunschweig (TAB) und die Glyndŵr University in Wrexham/Wales eine Kooperationsvereinbarung getroffen mit dem Ziel, besonders qualifizierten Absolventinnen und Absolventen die Möglichkeit eines verkürzten Studiums zum Bachelor of Engineering (ordinary degree) zu ermöglichen. Dazu wird die Ausbildung zur staatlich geprüften Technikerin / zum staatlichen geprüften Techniker in den Fachrichtungen Elektrotechnik und Maschinentechnik sowie Bautechnik vollständig für das Studium in Wales anerkannt. Die Studiendauer zum Bachelor-Abschluss beträgt dadurch nur ein Jahr.
Ziel des Bildungsganges ist, berufliches Handlungswissen und berufliche Handlungsfertigkeiten der Facharbeiterausbildung fortgeführt über die Technikerausbildung in einem effektiven Zeitumfang mit akademischer Qualifizierung zu verknüpfen. Das Studium in Wales bedingt die sprachliche Vorbereitung und Zertifizierung (C1-Level) und der Aufenthalt dort vertieft die Sprachpraxis in Englisch. Weiterer Effekt ist das Kennenlernen einer anderen Kultur und der damit verbundenen Alltagsbedingungen. Hierdurch wird Mobilität und Flexibilität gelebt und erweitert.
Das Kooperationsabkommen sieht vor, dass alle Technikerschulen oder Technikakademien in Deutschland, die sich der Vereinbarung anschließen, Absolventen entsenden können. Zur Zeit haben sich 24 Schulen/Akademien dem Projekt angeschlossen. Das Kooperationsprojekt befindet sich im dritten Durchgang. Momentan sind ca. 150 Studenten in Wrexham, die in den Fachrichtungen Electrical/Electronical Engineering, Mechanical Engineering oder Building Studies/Construction Management studieren. Zwei Studienjahrgange sind im Jahr 2009 sowie im Jahr 2010 abgeschlossen worden. Beide Jahrgange weisen eine 100%ige Erfolgsquote auf; d.h. in 2009 haben 32, in 2010 42 Studenten das Studium erfolgreich absolviert.
Der inhaltliche Abgleich des Studiums erfolgte seitens der Glyndŵr Universitat. Hierzu wurden die Curricula der Technikakademie ins Englische übersetzt und in Wrexham die notwendigen Studien-Module ausgewählt. Zur Zertifizierung des Bachelor-Grades nach deutscher Regelung sind insgesamt (mindestens) 180 ECTS-credits erforderlich. Sie werden dadurch erworben, dass der Technikerabschluss als Higher National Diploma (HND) a priori mit 90 ECTS-Punkten kreditiert wird. Das Studienprogramm in Wrexham sieht dann den Erwerb von (mindestens) weiteren 90 ECTS-Credits vor.
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Oberstudiendirektor Jürgen Voss
Von der Weiterbildung zur Hochschule - Hochschulzugangsberechtigung für beruflich Qualifizierte
Stolpersteine für den Hochschulzugang von beruflich Qualifizierten werden insbesondere in der Studierfähigkeit gesehen und in den Voraussetzungen, die für technische Studienfächer insbesondere in Mathematik und Englisch erfüllt sein müssen. Außerdem fehlt es bisher an Studiengängen, die sowohl inhaltlich als auch von der Studienorganisation her für beruflich Qualifizierte geeignet sind. Bei einem entsprechend großen Studieninteresse müssten dies lösbare Probleme sein. Ein weiterer Knackpunkt ist die Finanzierung. Derzeit erscheinen neue berufsbegleitende Studiengänge ohne zusätzliche Studiengebühren kaum finanzierbar, was aber nicht in allen Bundesländern zulässig ist.
Um den Blick auf die Machbarkeit zu richten, beziehen sich Kernpunkte des Beitrags auf die Zusammenarbeit von Weiterbildungsträgern und Hochschulen. Wer hat welche Rolle? Wer muss welchen Beitrag leisten, wenn der Übergang zur Hochschule gelingen soll? Auf welche Rahmenbedingungen ist darüber hinaus zu achten und wer ist daran beteiligt? Hier werden Erwartungen an die Verantwortlichen von Weiterbildungsträgern und Hochschulen gerichtet, Absolventen der Weiterbildung zu einem Studium zu ermutigen, den Übergang von der Weiterbildung zur Hochschule vorzubereiten und für passende Studienangebote und Studienbedingungen zu sorgen. Einen besonderen Schwerpunk bildet in diesem Zusammenhang die Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen anhand von transparenten Anrechnungsverfahren. Voraussetzung für eine solche Entwicklung ist die Bereitschaft zur Veränderung – für die Weiterbildung z.B durch die Modularisierung von Lehrgängen und für die Hochschulen die Bereitschaft, beruflich Qualifizierte aufnehmen zu wollen – und ganz unverzichtbar, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Die Erwartungen der Teilnehmer sollen mit der Forderung nach einem grundsätzlichen Umdenken einhergehen, dass beruflich qualifizierte Studierende keinen Verlust von Excellenz bedeuten. Die neuen Zielgruppen bieten im Gegenteil die Chance, die traditionellen Formen der Lehre an den Hochschulen sowohl curricular als auch methodisch-didaktisch weiterzuentwickeln.
Abschließend sollen Prozessinitiativen aufgezeigt, Unterstützungssysteme beschrieben und Finanzierungsmodelle angerissen werden.
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Gisela Knigge
Eva Nourney, (Susanna Schmidt), Lothar Herstix
> Präsentation bmbf (Nourney/Schmidt) > Präsentation KMK (Herstix)
„Mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen (DQR) wird erstmals einen Rahmen vorgelegt, der bildungsbereichsübergreifend alle Qualifikationen des Deutschen Bildungssystems umfasst. Als nationale Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) berücksichtigt der DQR die Besonderheiten des Deutschen Bildungssystems und trägt zur angemessenen Bewertung und zur Vergleichbarkeit deutscher Qualifikation in Europa bei. Ziel ist es, Gleichwertigkeiten und Unterschiede von Qualifikationen transparenter zu machen, und auf diese Weise Durchlässigkeit zu unterstützen“. (Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen vom Arbeitskreis DQR am 10.11.2010)
Dem DQR geht ein längerer Entwicklungsprozess voraus. Im Oktober 2006 haben sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz (KMK) darauf verständigt, gemeinsam einen Deutschen Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen zu entwickeln. Ausgangspunkt für die Entscheidung war die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rats zur Errichtung des Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR), die am 23. April 2008 in Kraft trat. Die Mitgliedstaaten sollen auf nationaler Ebene bis 2010 ihre Vorstellungen an den Europäischen Qualifikationsrahmen anpassen. Der Arbeitskreis wird von Frau Dr. Susanna Schmitt, Leiterin der Abteilung Strategien und Grundsatzfragen im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Herrn Lothar Herstix für die Kultusministerkonferenz (KMK) geleitet. Ferner sind in diesem Arbeitskreis die Arbeitgeberverbände, die Tarifpartner, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und Experten vertreten. Wenn im Arbeitskreis 6 die Frage „Fachschulausbildung in Deutschland – quo vadis?“ gestellt wird und zu dieser Fragestellung die Vorsitzenden des Arbeitskreises eingeladen werden, so versprechen sich die Veranstalter – der Bundesarbeitskreis Fachschulen Technik (BAK FST) – erstmalig mit diesen Persönlichkeiten ins Gespräch zu kommen, neue Entwicklungen zu erfahren und Impulse den Entscheidern im Arbeitskreis aus Sicht des BAK mit auf den Weg zu geben.
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Dr. Susanna Schmidt